Rede zum Kreishaushalt 2025

Sitzung des Kreistages 06.03.2025 in Riesa

Rede zum Kreishaushalt 2025

Fraktionsvorsitzender Kreisrat Oberbürgermeister Bert Wendsche führte in der Sitzung des Kreistages am 6. März 2025 in Riesa zum Kreishaushalt 2025 aus:

Sehr geehrter Herr Landrat,

werte Kolleginnen und Kollegen Kreisräte,

der heute zur Beschlussfassung anstehende Haushalt ist eine Zumutung. Ja, eine Zumutung!

Und dies ist keine Zumutung der Kreisverwaltung gegenüber uns als Kreistag. Nein, die sich immer weiter verschlechternde Haushaltslage des Kreises ist kein Ergebnis von Misswirtschaft und Unfähigkeit bei uns im Landkreis. Bei allen Optimierungspotenzialen, die ggf. noch zu heben sind, diese werden niemals auch nur annähernd zum Ausgleich des Haushaltsdefizits reichen.

Die wahre Zumutung ist die Missachtung der verfassungsrechtlich verbrieften kommunalen Selbstverwaltung durch Bund und Land. Tagein, tagaus werden der kommunalen Ebene neue nicht ausfinanzierte Pflichtaufgaben, insbesondere im sozialen Bereich auferlegt. Durch die hohe Inflation der letzten Jahre wächst das daraus resultierende Haushaltsloch in einem schier atemberaubenden Tempo. In diesem Jahr weisen wir ein Finanzloch aus laufender Tätigkeit von sage und schreibe 42,4 Mio. EUR aus und 2026 dann gar von 62,7 Mio. EUR. Wir können dieses nur noch dadurch stopfen, indem wir immer tiefer in den Kassenkreditsumpf eintauchen.

Auch bei uns im Landkreis liegt der Pflichtaufgabenteil weit jenseits der 80%. Diese Zumutung muss ein Ende haben! Der Grundsatz „wer bestellt, bezahlt“ muss umfassend Geltung haben, d.h. auch sämtliche Kostensteigerungen sind durch den Besteller zu tragen. Ansonsten stirbt die kommunale Selbstverwaltung, weil uns die Schulden erdrücken und wir die letzten Reste der freiwilligen Aufgaben zusammenstreichen. Wir wollen und werden jedoch Kreisschulen, ÖPNV, Musikschule und Kultur nicht opfern – das kann keiner von uns verlangen und keiner von uns verantworten.

Diese haushälterische Zumutung werden wir heute nicht lösen, aber gerade deshalb müssen wir die Forderung an Bund und Land unüberhörbar erheben: Die kommunale Selbstverwaltung ist nicht verhandelbar. Die Kommunen werden zu Recht als Herzkammer der Demokratie bezeichnet. Wer diesen Herzkammern das Blut, sprich die Finanzierung abdreht, gefährdet die Demokratie.

Doch sollten wir wegen dieser haushälterischen Zumutung den vorliegenden Haushalt ablehnen? Ist dies das richtige, das verantwortungsvolle Zeichen? Wäre damit in der Sache etwas gewonnen? Wir als CDU-Fraktion sagen: nein!

Wir haben gemeinsam die Verpflichtung übernommen, Schaden von unserem Landkreis und von seinen Bürgern abzuwenden.

Eine Ablehnung des Haushaltes würde ein Verharren in der haushaltslosen Zeit, in der vorläufigen Haushaltsführung bedeuten. Als Notnagel zur Finanzierung von Investitionen verbliebe dann allein die Ausnahmeregelung des § 78 Abs. 2 SächsGemO, die auch für Landkreise gilt. Mit dieser wäre ausnahmsweise eine maximale Kreditaufnahme von einem Viertel der durchschnittlichen Kreditaufnahme der letzten zwei Jahre möglich. Dies wären gerade einmal 1,4 Mio. EUR anstatt geplanter 18,7 Mio. EUR - 7,5% unseres notwendigen Kreditbedarfes. Doch selbst diese Ausnahme ist nicht sicher, denn sie bedürfte einer Einzelgenehmigung der Rechtsaufsicht, und eine solche wurde in Sachsen meines Wissens noch nie erteilt.

Diese Nichtfinanzierbarkeit der geplanten Investitionen hätte gravierende Folgen:

Ist es wirklich verantwortbar, die bereits laufenden Investitionsvorhaben, wie in die die beiden Förderschulen oder die Musikschule zu stoppen?

Ist es wirklich verantwortbar, die vom Kreistag bereits beschlossen Investitionen in die Zukunft unseres ÖPNV zu stoppen?

Ist es wirklich verantwortbar, den ohnehin schon geringen jedoch mit 75% geförderten Straßenbau zu stoppen?

Ist es wirklich verantwortbar, den Neubau von Rettungswachen zu stoppen, obwohl dies sogar rentierliche Investitionen wären?

Ist es wirklich verantwortbar, den Rückkauf der VGM-Anteile – so viele offene Fragen es auch bei uns noch gibt – zu beerdigen mit all seinen unabsehbaren Folgen?

Ist dies alles wirklich verantwortbar? Wir als Fraktion sagen klar und deutlich nein, nein und nochmals nein! Eine Haushaltsablehnung ist für uns nicht verantwortbar!

Wir appellieren vielmehr: Lassen Sie uns in dieser Notlage zusammenstehen und gemeinsam Schaden von unserem Landkreis und von unseren Bürgern abwenden!

Aber dies ist für uns nicht ausreichend. Wir sagen ebenso deutlich, dies kann und wird von uns nicht als Dauerzustand akzeptiert. Es ist dies von uns kein Freibrief für zukünftige Haushalte. Es bedarf auch weiterhin eigener Anstrengungen zur Risikominimierung.

Daher müssen wir die investive Vorbelastung zukünftiger Haushalte deutlich minimieren, um die Risiken drohender Investitionsstopps zu minimieren.

Daher fordern wir von der Kreisverwaltung auf, dem Kreistag mindestens vierteljährlich über die finanzielle Entwicklung der einzelnen Budgets im Haushaltsvollzug zu berichten, damit wir eine Chance haben, ggf. einzugreifen.

Daher werden wir auf eine deutliche Priorisierung der Stärkung des Landkreises Meißen als Wirtschaftsstandort achten.

Daher dürfen wir nicht Nachlassen, unsere eigenen kreislichen Verwaltungsstrukturen immer wieder neu auf den Prüfstand zu stellen.

Aber über allem steht: Wir drängen klar und unmissverständlich darauf, dass Bund und Land ihrer verfassungsrechtlichen Finanzierungspflicht endlich angemessen nachkommen, dass sie nicht länger die Kommunen, die kommunale Selbstverwaltung finanziell erdrosseln. Konnexität, sprich wer bestellt bezahlt, muss ohne Wenn und Aber gelten. Kommunale Selbstverwaltung darf nicht länger allein das Motto von Sonntagsreden sein.

Dabei sei zudem aus aktuellem Anlass ebenso klar und deutlich gesagt, in unserer dramatischen Finanzsituation helfen uns nicht auch noch so megagewaltige schuldenfinanzierte Investitionspakete, mögen sie auch noch so wummsig daherkommen. Denn was hilft uns eine geschenkte Schule oder Brücke, wenn wir nicht in der Lage sind, diese zu unterhalten? Das ist Schilda! Zuerst einmal bedarf es einer Rückkehr zur auskömmlichen Finanzierung der laufenden Kommunalhaushalte ohne Wenn und Aber. Dies hilft uns nicht nur, dies steht uns verfassungsrechtlich zu!

Bert Wendsche

Fraktionsvorsitzender

Der Haushalt wurde in der anschließenden Abstimmung mit 37 zu 32 Stimmen bei 10 Enthaltungen mehrheitlich angenommen. Für den Haushalt stimmten die CDU-Fraktion, Kreisräte der Freien Wähler und die Fraktion des BSW. Gegen die Annahme des Haushaltes votierten die Fraktion AfD und die Gruppe der Freien Sachsen (jeweils geschlossen), Kreisräte der FDP und ein Kreisrat der SPD. Die Enthaltungen gingen mehrheitlich auf das Konto der Fraktion Grüne/SPD/Die Linke.