Die Straßenbahnlinie 4 muss attraktiv und wirtschaftlich bleiben!
Rede des Fraktionsvorsitzenden der CDU Stadtrat Dr. Ulrich Reusch
in der Stadtratssitzung von Radebeul am 27.11.2024 zu TOP 15: Resolution zur Straßenbahnlinie 4
Die vorgeschlagene bzw. vorgesehene Änderung der Linienführung der Straßenbahn ist, um zunächst einmal die Sprache der Diplomatie zu bemühen, ein durchaus unfreundlicher Akt, und zwar nicht nur gegenüber Radebeul, sondern auch gegenüber den die Linie 4 mitfinanzierenden Kommunen Coswig und Weinböhla sowie dem Landkreis Meißen als dem Hauptträger des ÖPNV.
Man könnte auch sagen: So haben wir nicht gewettet, als wir uns vor über 20 Jahren in einer wahren konzertierten Kraftanstrengung für den Erhalt und einen attraktiven Betrieb der Straßenbahn allesamt stark gemacht haben. Jetzt muss man sich fragen: Haben wir die Rechnung etwa ohne den Wirt gemacht, oder will der Wirt den Laden gar schließen, nachdem er sich daran gesundgestoßen hat?
Zunächst einmal ist es sehr unfreundlich und unerfreulich, dass Radebeul und die betreffenden Kommunen nicht in die Überlegungen einbezogen wurden. So geht man nicht miteinander um, das ist alles andere als guter Stil – zumal der Verkehrsvertrag erst unlängst verlängert und unsere Beiträge nachjustiert wurden, von der straßenbahngerechten Sanierung unserer Meißner Straße einmal ganz abgesehen. Da hätte man durchaus über so weitreichende Veränderungen informieren und reden können, zumal die Gerüchte ja bereits in Umlauf waren. Ich hatte eigens hier im Stadtrat angefragt.
Die vorgesehene Änderung der Linienführung macht die Straßenbahn, auch und gerade mit Blick auf die S-Bahnverbindung, weniger attraktiv und damit voraussichtlich auch weniger wirtschaftlich. Das bedeutet Mehrkosten für die mitfinanzierenden Kommunen, vor allem für Radebeul, da wir für die Taktverdichtung noch extra zahlen.
Wichtige Destinationen und Verkehrsknotenpunkte wie der Altmarkt mit dem Kulturpalast, Frauenkirche, Albertinum und Stadtmuseum, der Pirnaische Platz und der Straßburger Platz werden künftig nicht mehr ohne Umstieg erreichbar sein. Das hat weitreichende Folgen, auch für den Schülerverkehr, gibt es doch eine beträchtlich Zahl Radebeuler Schüler, die z. B. das St. Benno-Gymnasium aufgrund seines besonderen pädagogischen Profils besuchen.
Schaut man auf die mehr als angespannte Haushaltslage der Landeshauptstadt und die absehbar nicht auskömmliche Finanzierung der Dresdner Verkehrsbetriebe, so wird einem Angst und Bange. Da ist doch allen Ernstes von Streckung oder Ausdünnung des Taktes die Rede. Vor diesem Hintergrund erscheint mir übrigens die als Begründung für unsere Linienänderung angeführte Einführung der neuen Stadtbahnwagen mehr denn je als ein veritabler Schidbürgerstreich: Da werden Abermillionen in die Infrastruktur, nämlich Anschaffung der neuen breiteren Wagen und aufwendiger Umbau des Gleisnetzes, investiert, um die Kapazitäten zu erhöhen, aber bald darauf soll der Takt gestrekt werden? Da wird doch mit dem Hintern umgerissen, was die Hände aufgebaut haben.
Ich habe in der Vergangenheit auch gegenüber dem von mir ansonsten sehr geschätzten DVB-Vorstand Andreas Hemmersbach wiederholt Sinn und Zweck der Umstellung auf die neuen Stadtbahnwagen generell bezweifelt. Nun soll sie ausgerechnet uns auf die Füße fallen?
Wir stehen zur Straßenbahnlinie 4, die wir seit Jahren in einem Maße mitfinanzieren, wie es eigentlich nur mit viel good will vertretbar war und ist. Diesen good will vermisse ich nun leider auf der anderen Seite. Wir haben dem Wirt bisher sehr viel gezahlt - zu viel, um jetzt einfach abgespeist zu werden.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
Sie sehen, ich gehe in meiner Kritik an DVB und Landeshauptstadt sogar über den Tenor der Resolution hinaus. Weil sich dahinter auch ein grundsätzliches Problem der interkommunalen Zusammenarbeit verbirgt. Will das immer noch prosperierende Dresden zur failing city werden, die ihre Probleme auf dem Rücken des Umlandes löst? Was wird man in dem eingemeindeten Cossebaude sagen, wenn künftig die einzige Busverbindung in die Dresdner Innenstadt reduziert werden soll? Profitiert Dresden denn nicht davon, wenn es für das Umland einfache und attraktive ÖPNV-Angebote in das Stadtzentrum gibt? Oder setzt man dort künftig auf den alleinigen Goldesel Parkgebühren?
Gerade auch aus Gründen des Umweltschutzes sollte man der vorgelegten Resolution zustimmen. Es geht heute darum, den ÖPNV attraktiver zu machen. Und insoweit ist die Resolution auch als ein Gesprächsangebot zu verstehen, das die andere Seite hoffentlich annimmt. Die Straßenbahnlinie 4 muss attraktiv und wirtschaftlich bleiben – nicht nur in unserem, sondern auch im wohlverstandenen Eigeninteresse der Landeshauptstadt.
Abstimmung im Stadtrat:
Die Resolution wurde in namentlicher Abstimmung mit großer Mehrheit vom Stadtrat verabschiedet – gegen die Stimmen der Fraktionen von Grünen, SPD und Linken bei einer Enthaltung (aus der Fraktion Grüne) – 25:6:1.
Das gesprochene Wort wich leicht vom Manuskript ab. Dabei wurden der letzte Absatz nicht und Teile des vorletzten Absatzes nur dem Sinne nach vorgetragen; sie entsprechen aber dem Tenor der Ausführungen.